Zwischen Himmel und Erde

Zwischen Himmel und Erde - - - Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als wir mit den blossen Augen wahrzunehmen vermögen. Über diese Welten berichte ich in meinen Postings, erzähle euch von anderen "Weltenwanderern", deren Leben mich berührt hat

Wednesday, July 19, 2006







Motorrad Gipfel-Tour in den Dolomiten



Bilder gibts hier zu sehen


Vor einer Woche rief mich meine Schwester an und fragte mich, was ich von der Idee hielte, wenn wir unsere "verstaubten" Motorradhelme und Nierengurte aus dem Keller holen, und ich mich mit ihr zusammen an die Straße stellte um zu trampen. "Vielleicht kommen ein paar nette Bikers und nehmen uns mit...", meinte sie. Meine Antwort war sofort: "JA Vroni, das machen wir1" Und bevor wir besagtes Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, bekam ich plötzlich einen Anruf von einer Freundin, die mich fragte, ob ich Lust auf eine Ganztages-Motorradtour hätte. Da war es wieder. "Ist das nicht unglaublich - vor ein paar Tagen sozusagen die "Bestellung" aufgegeben, fast postwendend geliefert.

Und ob ich wollte! Meine Freundin fragte mich, ob ich denn auch wirklich den ganzen Tag als Sozi (Beifahrer) mitfahren könnte und ob ich mich einer solchen Tour gewachsen fühlen würde. Ich erinnerte mich daran, dass ich früher (mit 15 Jahren) oft mit meinen Bekannten bei uns am Kochelsee als Sozi die Serpentinen rauf und runter "gesägt" war - und mir dabei auch schon mal einen abgeschliffenen Absatz geholt hatte. Und dass ich einmal Regenwetter, Blitz und Donner über 500 km weit mit nassen Klamotten auf dem Motorrad gesessen war. Als wir angekommen waren, hatte man mich im "Klammer-Sitzstellung" vom Motorrad heben müssen und mich mitsamt T-Shirt und Hose in die Badewanne gesteckt, damit ich erst mal wieder warm werden und mich bewegen konnte.

Also ja - ich fahre mit! ... Mein Helm entpuppt sich als viel zu klein - ist mein Kopf größer geworden? Also bekomme ich die ganze Kluft von meiner Freundin geliehen. Und schon gehts los.

Es ist 8.15 Uhr. Wir fahren bei strahlendem Sonnenschein über die B11 Richtung Königsdorf, die Strecke an Bad Heilbrunn vorbei - Richtung Kochelsee. Und ich merke schon, sich hinten festzuhalten ist mit den schweren ungewohnten Lederhandschuhen gar nicht so leicht, geht ganz schön in die Muskeln und Sehnen. Und wie beim Bootfahren vor ein paar Tagen merke ich, dass es anstrengend werden wird für mich - weil ich die linke Hand (wegen meinem steifen Finger) kaum einsetzen kann. Aber ich sage nichts, will das Experiment für mich nützen.

Wir fahren den "Kesselberg" hinauf. Ich kann mich erinnern, dass es hier früher viele Todesfälle gegeben hat. "Geben Sie Ihrem Schutzengel eine Chance" kann man heute überall lesen. Aber heute brauch ich keine Angst zu haben. Es sind so viele "Sonntagsfahrer" vor uns, dass an eine rasante Fahrt gar nicht zu denken ist. Wir umfahren den Walchensee links herum, der wie ein Smaragd vor uns liegt. Hier fühle ich mich sehr an das Meer erinnert.

Kurz nach Wallgau kommt langsam rechts das Wettersteingebirge und links das Karwendelgebirge in seiner ganzen Pracht Sicht. Die heraufragenden Felsmassive haben so viel Energie, dass ich andächtig staune - am liebsten angehalten hätte, um dort irgenwo hinaufzugehen... ja - vielleicht einfach immer weiterzugehen, draussen zu schlafen... Mittenwald liegt einladend in das von imposanten Bergen umsäumte Tal geschmiegt. Ringsherum ragen die Felsmassive "grünbeschuht" in den Himmel, um sich hoch droben in ihrer ganzen blanken Pracht zu zeigen.

Von Scharnitz bis Seefeld sieht man die gewaltigen Bergmassive von der anderen Seite. Das Wetter ist traumhaft, die Luft so klar. Alles scheint zum greifen nahe. Ich hätte gerne mehr Bildmaterial gesammelt - aber auf dem Motorrad kann man nicht einfach Fotos machen - und man will auch nicht alle paar Meter halten.

In Innsbruck ist eine hübsche Metropole. Aber der Verkehr ist sehr anstrengend. Vermutlich ist das in jeder größeren Stadt so. Das ständige Anfahren und Abbremsen strengt besonders an und ermüdet sehr. Und du schnaufst direkt die Abgase der Vorgänger ein. Wir sind froh, als wir endlich durch sind. Es geht weiter über den alten Brenner in Richtung und Brixen - die Brenner-Autobahn über uns wirkt wie ein Ding aus einer anderen Welt über uns. Von Brixen geht es direkt auf dem Kräuterpass Passo de le Erbe zum Würzjoch (2006 m).

Ich stieg vom Motorrad und war geplättet. Ich fand mich inmitten eines majestätischen Bergmassivs auf der einen Seite - und einer herrlichen Almlandschaft auf der anderen Seite. Herrlich einsame Gegend, wenn man den Massentourismus, der sich gerade mal um die paar Hütten herum abspielt nicht beachtet. Hier oben kommen alle Elemente zusammen: geballte Kraft und hochschwingende Energien und ungezügelte Wildheit - gepaart mit den sanften Hügeln der Almwiesen, lieblichen Almblumen und sonnenumfluteten an die änge geschmiegten Hütten...

Nach kurzer Zeit geht es weiter über den Passo di Gardena hinauf zum Grödnerjoch (2121 m), direkt am Piz Boè vorbei mit seinen beiden Spitzen Pisciadu (2985 m) und Boèseekofel (2908 m). Ich bin so überwältigt, dass mir der Atem wegbleibt. Und mein innerer Drang danach - hier einmal wiederzukommen zu Fuß herauf - mit Rucksack und Schlafsack - und ein paar Tage ohne den Trubel am Fuß eines Brockens geniessen...

Aber die Fahrt geht weiter - auf der anderen Seite des Passo di Gardena hinunter, links hinauf den Passo di Sella zum Sellajoch (2240) und Pordoijoch (2242 m) direkt an der Sellagruppe vorbei mit Blick auf die Pordoispitze (2952 m). Die Bilder sprechen für sich.

Langsam machen sich die Anstrengungen bemerkbar. Meine rechte Hand ist sehr einseitig belastet, weil ich mich durch die Behinderung des Mittelfingers an der linken Hand nur mit der rechten wirklich festhalten kann. Wenn das Motorrad bremst, muß ich ziehen, damit ich nicht mit dem ganzen Gewicht auf meinen Fahrer falle. Und wenn er Gas gibt, muß ich drücken, und mich mit der andern Hand am Fahrer festhalten, damit ich nicht vom Motorrad falle. Mein Rücken schmerzt und ich kann kaum noch sitzen. Ich trage den kleinen Rucksack, der mir inzwischen sehr unbequem ist. Aber wer solche Abenteuer erleben will, muß auch bereit sein, die Strapazen mit dazuzunehmen. Aber ich habe einen kleinen Trost: den andern gehts auch so gut... und wir haben noch lange nicht alle Ziele erreicht.

Jetzt ziehen Wolken auf, es ist nicht klar, ob es ein Wetter geben wird. Dann werden die Straßen schmierig. Aber wir entschließen uns, auf der Tourenroute zu bleiben. Hinunter geht es auf dem Passo di Sella bis nach Canazei - ins Val di Fassa - mit Blick auf den Rote Wand (2809 m). Wir kommen in einen kleinen Platzregen
hinein - haben aber Glück, in der Richtung unserer Route weiteren Regengüssen zu entfliehen.

Weiter geht es über den Cardapass (1758 m)auch Passo di Costalunga genannt, ins Eggental nach Bozen. Von dort aus durch die Talferschlucht ins Sarntal und den Passo di Pennes zum Penser Joch (2214 m) hinauf. Die Strecke zieht sich sehr lange hin - aber es ist alles wie ein Traum. Überall gibt es märchenhafte Landschaften,
Bauern, die noch ihr Gras mit der Sense mähen. Ein Bauer sitzt vor der Scheune und dengelt seine Sense. Und auch die Söhne helfen schon mit - sie mähen auf einsamen und mit dem Traktor wegen der hohen Schräglage unzugänglichen Wiesen mit dem Balkenmäher... Oben am Penserjoch angekommen - fühlen wir kaum noch unsere Hinterbacken - alle Schultergelenke sind ausgekugelt. Rücken haben wir keinen mehr... Jetzt haben wir auch alle genug und fahren auf der anderen Seite des Pennes Passes hinunter nach Sterzing, wieder auf die alte Brenner
Straße. Die Fahrt nach Hause geht fast durchgehend in einem rasanten Tempo (bis zu 120km/h). Der Verkehr hat sich so gut wie aufgelöst. Die Strassen sind fast leer. In die breiteren Kurven legen wir uns gelegentlich mit 100 Sachen - und ich darf schön meine Ängste draussen lassen. Ich seh schon meine Schuhe dampfen. Aber ich lasse mich fallen und tragen wie ein Adler in den Aufwinden.

Die LKW's stauen sich jetzt Kilometerweit bis nach Innsbruck hinein. Zusammen mit den Sprungschanzen sieht es ein bißchen utopisch aus. Innsbruck von oben wie ein brodelnder Kessel.
Es geht weiter Richtung Heimat über Seefeld, Scharnitz, Mittenwald. Wir werden gerade noch Zeuge, wie die Abendsonne das Wettersteingebirge in rotgoldenglühendes Feuer taucht - auch am Walchensee glühen die Berge, die smaragdgrünen Seen glimmen geheimnisvoll im Licht der untergehenden Sonne.

Über
Kochel, Bad Heilbrunn, Königsdorf geht es zurück nach Geretsried. Als ich mich ins Bett lege, fahre ich noch immer Kurven...


Was für ein Tag!

nach diesem Tag wünsche ich auch euch: träumt nicht euer leben, sondern lebt eure Träume


Liebe Grüße



Regina


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